Erfüllt sind die Sängerinnen und Sänger von Meermusik von ihrer zweiten Station der Hase-Tour – der Kreuzkirche in Eickeloh – nach Hagenburg zurückgekehrt. Den Chor begleiteten einige „Schlüsselfiguren“ aus der Kirchengemeinde. Diese halten die Hase-Kirche in Hagenburg offen und erläutern auf Wunsch Details zum Bau. Sie nutzten die Gelegenheit, sich in Eickeloh einmal dem Kern der Ideen des hannoverschen Baumeisters zu nähern.
Nach weniger als einer Stunde Fahrt hielt der Bus vor der eingerüsteten Kirche. Etwas Verblüffung machte sich beim Betreten des Innenraumes breit: „Unsere Kirche in klein“, so formulierte sich recht schnell der erste Eindruck.

„Heimspiel“ in vertrauter Umgebung
Form, Farbe und Material – die sehr ähnliche Bauweise des Inneren der Kreuzkirche in Eickeloh und der St.-Nicolai-Kirche in Hagenburg schafft eine besondere Atmosphäre für Sängerinnen und Sänger und Solisten. Hauptgrund für die Hase-Tour: Die einzigartige Akustik der Backstein-Kirchen trägt dazu bei, sich an unterschiedlichen Orten mit Stimme und/oder Instrument wohl oder auch zuhause zu fühlen. Ob es gar ein ‚Heimspiel‘ ist, will Meermusik an verschiedenen Hase-Orten testen. Das hängt natürlich auch vom jeweiligen Publikum ab … und sicherlich auch von der Beleuchtung: Die Eickeloher Initiative „Kirche in neuem Licht“ verleiht dem Innern farbige Akzente und von den Gästen besonders bestaunt: Die vielen Wachskerzen an den Säulen, von der Küsterin persönlich entzündet.
Von den ersten Telefonaten mit Pastorin Sabine Half bis zum letzten und intensiven Schlussapplaus haben sich unsere Sänger und Sängerinnen im Alter zwischen 27 und 88 Jahren in Eickeloh willkommen und gut aufgehoben gefühlt. Es klang, als hätte Chorleiterin Anette Wiborg das Programm mit Stücken unter anderem von Udo Jürgens („Ich glaube“), Dietrich Bonhoeffer („Von guten Mächten“), Marius Müller Westernhagen („Freiheit“) eigens für diesen Friedensgottesdienst zusammengestellt. Eindringliche Worte von Sabine Half, dazu die wunderbare Klarinettenmusik von Layla Bösel und die Klavierbegleitung von Mats Wiborg. Mehrfach sangen Chor und Publikum gemeinsam („Shalom chaverim“). „Vielen Dank, dass wir kommen durften“, sagte Anette Wiborg am Schluss nach dem letzten, gemeinsamen Gesang und dem warmen Applaus.

… und das muss auch noch berichtet werden: Das „Wohlfühlen“ in Eickeloh hatte quasi gar kein Ende. Für den Chor sollte die Fahrt nicht nur Auftritt sondern auch ein wenig Ausflug werden. Unser Weg führte nach dem anderthalbstündigen Konzert die wenigen Schritte zu Fuß ins Restaurant Mehlkammer, um ein gemeinsames Abendessen einzunehmen. Fazit: Besser hätte unser Tag nicht enden können, wir waren von der Atmosphäre, vom Team der Mehlkammer und dem Essen sehr angetan.
Eickeloh als Prototyp für Hases Vorstellungen
Die Auffassung von Baumeister Conrad Wilhelm Hase von der „Wahrheit der Kunst“ von der immer unverputzten Klarheit des Materials (Stein) und der „Materialeinheit“ bestehen in Eickeloh wie auch in Hagenburg zum Beispiel aus konsequent gemauerten Kreuzaltären und Kanzeln, die sich nur in wenigen Details voneinander unterscheiden. Hase entwarf die Pläne für Eickeloh und Eitzendorf bereits Anfang der 1860er Jahre, in der Zeit arbeitete er am ‚Eisenacher Regulativ‘ mit – einem Regelkatalog, in dem festgelegt wurde, wie evangelische Kirchen im Deutschen Reich auszusehen haben. 1867 wurde die Kirche in Eitzendorf fertiggestellt und 1868 die bis auf wenige Details baugleiche Kirche in Eickeloh. Wie sehr Hase in diesen beiden Bauten den Prototyp für seinen Kirchenbau sah, zeigt, dass ein Modell der Eitzendorfer Kirche 1893 auf der Weltausstellung in Chicago ausgestellt wurde.
Derselbe Bauleiter führt Hases Pläne in Eickeloh und Hagenburg aus
Für den Bau der Kirche in Eickeloh setzte Hase als Bauleiter Wilhelm Nietmann und Ludwig Schöne ein. Letzterer hatte gemeinsam mit Hases Büroleiter Wilhelm Schultz zuvor den Bau der Villa des königlich-hannoverschen Diplomaten Bodo von Hodenberg im nahen Hodenhagen betreut. Schöne hat offenbar nicht bei Hase studiert, sondern ist nach Abschluss seines Studiums in Leipzig nach Hannover gekommen, um bei Hase im Büro zu arbeiten. Mit der Villa in Hodenhagen, der Kirche in Eickeloh (1868) und – anschließend – der alleinigen Bauleitung für die Kirche in Altenhagen-Hagenburg (1871) sind drei Arbeiten Schönes für das Büro Hase nachweisbar. Um Hases Pläne an die (finanziellen) Gegebenheiten und Wünsche der Kirchengemeinde anzupassen, waren einige Änderungen und Ergänzungen notwendig. Diese Pläne sind im Stadtarchiv in Hannover erhalten geblieben. Im Jahr der Fertigstellung der Kirche in Altenhagen ist Schöne bereits als Architekt in Wien nachweisbar – sicherlich nicht ganz zufällig, vermutlich hatte der Meister ihn empfohlen. Hase war seit 1868 Mitglied der k.u.k. Akadademie der bildenden Künste in Wien. Ludwig Schöne gehörte später zu den erfolgreichsten Architekten der so genannten Ringstraßenära. Er errichtete auf dem Gebiet der Donaumonarchie, vor allem in Ungarn, unzählige Bauten. Außer Wohnbauten, Hotels, Amtshäusern und Fabrikanlagen plante er evangelische und katholische Kirchen und eine große Anzahl von Synagogen.